SiRoWo – Simplified Robotic Woodwork

Die Kernaufgabe fertigender KMU am Standort Deutschland hat sich in den letzten Jahren grundsätzlich nicht geändert: Ziel ist die wirtschaftliche Produkterstellung unter Einhaltung anspruchsvoller Qualitätsvorgaben. Insbesondere im Zuge der Digitalisierung und Vernetzung ist das Innovationsgeschehen jedoch schneller und grenzüberschreitender geworden. Durch die Softwarebranche getriebene agile Produkterstellungsprozesse mit dem Ziel einer kurzen Time-to-Market erhalten so auch Einzug in die Produktionstechnik. Von deutschen KMU werden daher wirtschaftliche Effizienz und operative Flexibilität zugleich erwartet. Dies bedeutet v. a., dass Fertigungsprozesse zunehmend kurzfristig (um-)geplant und die Produktionsfaktoren Mensch und Maschine flexibel eingesetzt werden müssen. Aufgrund des KMU-typischen Produktspektrums, das sich durch individualisierte, maßgeblich kleinere Losgrößen auszeichnet, wird so einerseits das Plan-Wert-Dilemma verschärft, andererseits werden auch zusätzliche, unkontrollierbare Unsicherheiten in den sozio-technischen Fertigungsprozess eingebracht.

Besonders deutlich wird dies am Beispiel von Handwerksbetrieben. Durch die hohe Produktvielfalt, die kurzfristige Berücksichtigung individueller Kundenwünsche sowie einen eingeschränkten Maschinenpark kann nur eine geringe Anzahl an Bearbeitungsschritten auf Bearbeitungszentren durchgeführt werden. Selbst in diesen Fällen ist für einen wirtschaftlichen Einsatz eine selten verlangte, hohe Losgröße erforderlich, die den Aufwand für die Programmierung und das Einrichten der Anlagen rechtfertigt. Folglich wird in den meisten Anwendungsfällen auf handgeführte Werkzeuge zurückgegriffen. Im Zuge des steigenden Flexibilisierungsdrucks führt gerade dieser Umstand in absehbarer Zukunft zur Gefährdung der angestrebten Unternehmensziele. Während große Unternehmen diesem Dilemma durch den Einsatz von Software- und Automatisierungslösungen sowie vor allem durch darauf geschultes Personal entgehen, sind KMU nur selten in der Lage, die hierzu benötigten personellen und finanziellen Anforderungen zu erfüllen. In diesem Zusammenhang ist daher zu bemängeln, dass ein Großteil der bisher erwachsenen „Industrie 4.0“-Lösungen für fertigende KMU nicht unmittelbar implementierbar ist und deren Verfügbarkeit daher tendenziell zu einem Wettbewerbsnachteil führt.

Ziele

Um dieser Problemstellung zu begegnen, soll innerhalb des Forschungsvorhabens „SiRoWo“ untersucht werden, wie die Wettbewerbsfähigkeit von fertigenden KMU durch eine Verschmelzung von Informations- und Produktionstechnik sowie den Aufbau von Produktionsnetzwerken auf technologischer und organisatorischer Ebene langfristig gesichert werden kann. Im Kern steht sowohl die Automatisierung von Bearbeitungsprozessen als auch die ganzheitliche Optimierung der Auftragsbearbeitung entlang der Prozesskette. Am Beispiel der holzverarbeitenden Industrie entsteht eine flexible Bearbeitungszelle, welche die Durchführung der bisher manuellen Fertigungsschritte durch Industrieroboter erlaubt. Der wirtschaftliche Einsatz des Hardware-Konzeptes auch im Falle kleine Losgrößen wird durch die Entwicklung einer benutzerfreundlichen, werkstattorientierten Programmierumgebung sichergestellt, welche die Definition der Bearbeitungsaufgabe bei minimalem Schulungsaufwand für Mitarbeiter ermöglicht.

Wirtschaftliche Faktoren sowie eine schlankere und kostengünstigere Produktion haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass sich KMU auf Anwendungen mit geringen Losgrößen spezialisiert haben. Der allgemeine Trend hin zu einer wachsenden Produktindividualität und Dynamik führt heute jedoch dazu, dass die Wettbewerbsfähigkeit bei zunehmend komplexen Fertigungsaufträgen schwindet. Durch teils extreme Freiheitsgrade, welche zur Erfüllung individueller Kundenwünsche bereitgehalten werden, müssen Prozesse häufig manuell ausgeführt werden (bspw. Fräsbauteile mit Freiformflächen). Hierbei sind Mitarbeiter zur Erfüllung ihrer Aufgaben zunehmend Staubbelastungen ausgesetzt oder nehmen gesundheitsschädigende Haltungen ein (vgl. Abbildung 1, rechts). Darüber hinaus ergibt sich durch die wachsende Anzahl an manuellen Bearbeitungsschritten ein zusätzlicher Bedarf an kostspieligen Werkshallen, wie beispielsweise in Abbildung 1 (links) dargestellt. Es ist daher von wesentlicher Bedeutung, auch KMU dazu zu befähigen, individualisierte Produkte mit minimalen Kosten, hoher Flexibilität und höchst möglicher Dynamik jedoch ohne wachsende Mitarbeitergefährdungen zu produzieren.

Abbildung 1: Links große Maschinenhalle für Spezialmaschinen (Quelle: Woodmachines.de)
Rechts manuelle Bearbeitung (Quelle: vbg.de)

Zur Erreichung dieses Ziels ist eine Automatisierung der teils manuellen Tätigkeiten unumgänglich. Die Umsetzungshürden bestehen heute jedoch im Allgemeinen in der Anschaffung von Sondermaschinen, welche innerhalb einer immer komplexer werdenden Prozesskette benötigt, aber lediglich für eine kleine Anzahl an Bearbeitungsschritten (z.B. Sägen und Umleimen) eingesetzt werden. Der sich hieraus ergebende zusätzliche Aufwand für die Einrichtung und den Betrieb ist erst bei einer entsprechend hohen Stückzahl wirtschaftlich. Diese wird jedoch in Kundenaufträgen nur selten erreicht. Der Einsatz von Industrierobotern (IR) erweist sich in diesem Zusammenhang zunehmend als wirtschaftliche Alternative für den Aufbau einer flexiblen Fertigung. Wie in Abbildung 2 dargestellt, werden IR primär heutzutage zur Beladung oder für die Fräsbearbeitung eingesetzt. Für diese Anwendung stehen bereits Planungswerkzeuge zur Verfügung. Der wirtschaftliche Einsatz ist allerdings verbunden mit spezialisierten Fachkräften zur Programmierung und Umsetzung der CAD/CAM-Prozesskette.

Darüber hinaus ist die CAD/CAM-Prozesskette derzeit nicht auf typische Bearbeitungswerkzeuge für manuelle Tätigkeiten ausgerichtet (beispielsweise Säge, Hobel, Schleifmaschine). Die Folge ist eine komplexe Toolchain, um bestehende Softwaresysteme hinsichtlich des Bedarfs von KMU nutzbar zu machen. Die Einstiegshürden für den Einsatz von IR zur (Holz-) Bearbeitung sind somit gerade für diese Unternehmen zu hoch.

Abbildung 2: Links/Mittig Beladung mir IR (Quelle: Heim AG)
Rechts Fräsen mit IR (Quelle: ATI Küste)

Im Rahmen des Forschungsvorhabens „SiRoWo“ wird eine Komplexitätsreduktion bei der Programmierung von flexiblen Fertigungseinrichtungen angestrebt. In diesem Zusammenhang sollen bestehende Programmiersysteme um die fehlenden Strategien zur automatisierten Anwendung von Handbearbeitungswerkzeugen sowie Möglichkeiten zur Digitalisierung und Verbreitung von Expertenwissen entlang der Prozesskette erweitert werden. Dadurch wird die Hemmschwelle für den Einsatz von IR in KMU verringert und die Wettbewerbsfähigkeit sowie die Qualität der Arbeitsplätze erhöht.

Im Rahmen dieses Verbundvorhabens sollen zwar speziell holzverarbeitende Unternehmen betrachtet werden, das erarbeitete Konzept sowie der Demonstrator sind jedoch nicht auf die Holzbearbeitung beschränkt und werden grundsätzlich so gestaltet, dass ein Transfer auf andere Bereiche der Bearbeitung mit Robotern erfolgen kann. Im Fokus stehen bisher mit handgeführten Werkzeugen ausgeführte Prozesse. Hierbei sollen auch bereits vorhandene Handwerkzeuge am Roboter angeflanscht werden können, um die Investitionskosten niedrig zu halten. Der Einsatz von Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) soll den Zugang zu Robotersystemen vereinfachen, indem die Programmierung grafisch und intuitiv erfolgt.

Förderhinweis

Das Bundesforschungsministerium unterstützt das Projekt „SiRoWo“ in der Förderinitiative „KMU-NetC“. Ziel der Fördermaßnahme ist, die Innovationsbasis von KMU auszuweiten und auch bisher weniger forschungsaffinen KMU den Zugang zur Forschungsförderung zu eröffnen. Die Maßnahme ist themenoffen angelegt und adressiert auch branchen-, technologie- und disziplinübergreifende FuE-Aktivitäten, wie den Aufbau einer Automatisierungslösung für die holzverarbeitende Industrie, der im Forschungsvorhaben SiRoWo verfolgt wird.

Projektpartner

Die KMU Holz-Design Gigler GmbH & Co. KG, Tischlerei Eigenstetter GmbH, ModuleWorks GmbH, Eugen Riexinger GmbH & Co. KG, Robotized rm systems GmbH und EXAPT Systemtechnik GmbH bearbeiten gemeinsam mit der Universität Stuttgart und der FARO Europe GmbH & Co. KG das Projekt SiRoWo. Koordiniert wird das Vorhaben durch die Forschungsvereinigung Programmiersprachen für Fertigungseinrichtungen e. V., eine unabhängige gemeinnützige Organisation, die den Anspruch hat, sowohl anwendungsorientierte Forschung durchzuführen, als auch für einen zügigen Transfer von Forschungsergebnissen in die industrielle fertigungstechnische Anwendung zu sorgen.