SeDaZ - Semantische Datenanalyse für Zerspanprozesse
Hersteller industrieller Produkte erfahren im Zuge der Globalisierung und Digitalisierung einen permanenten Wettbewerbsdruck. Neben der Volatilität der internationalen Märkte sind es vor allem verkürzte Produktlebenszyklen sowie die Nachfrage nach individualisierten Produkten, die sie dazu zwingen, innovativ und vor allem wirtschaftlich effizient zu arbeiten. Vor diesem Hintergrund stellt die wirtschaftlich-technologische Auslegung spanender Fertigungsprozesse – vor allem für KMU aufgrund ihrer begrenzten Ressourcen hinsichtlich Personal und Zeit – einen zwingend zu beherrschenden Kernprozess dar, bei dem alle notwendigen Produktionsmittel im Spannungsfeld von Produktivität, Qualität und Verfügbarkeit bestmöglich einzusetzen sind. Im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung ist hierbei die Aufnahme, Analyse und Auswertung von verfügbaren Daten entlang der gesamten digitalen Prozesskette (CAD-CAM-NC) eine aussichtsreiche Möglichkeit zur langfristigen Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit.
Die Analyse der Daten beschränkt sich zumeist auf die Bereiche des Datensatzes, für die kausale Zusammenhänge durch den Menschen in wirtschaftlich sinnvoller Zeit zu identifizieren sind. Der überwiegende Anteil der generierten Datenmenge und damit auch umfangreiche Potenziale zur Verbesserung des Prozesses bleiben somit ungenutzt (Abbildung 1, rechts). Um diese Potenziale zu nutzen und die Gesamtheit der Daten für den Experten nutzbar zu machen, bedarf es neuartiger Algorithmen, die die Datenstruktur analysieren. Die Untersuchung der abstrakten Daten im Hinblick auf Muster, Ähnlichkeiten und Unterschiede mit sich selbst und mit anderen Datensätzen wird als „semantische Datenanalyse“ bezeichnet. Deren Grundlage bilden vornehmlich zeitbasierte Prozessdaten, aber auch ausgewählte Informationen aus der digitalen Prozesskette. Hierdurch wird ein bidirektionaler Zugang zu dem noch unerforschten und größtenteils abstrakten Datenanteil geschaffen, durch den einerseits bereits durch den Experten an einzelnen Stellen identifizierte Muster in der gesamten Datenbasis aufgedeckt (Abbildung 1, oben) und andererseits völlig neue Erkenntnisse aus den Daten generiert werden können (Abbildung 1, unten). Auf Basis der Ergebnisse kann der menschliche Experte über Prozessoptimierungen hinsichtlich Qualität oder Produktivität entscheiden.
Die übergreifende Forschungsfrage lautet somit:
„Wie können produktionstechnische Daten im Anschluss an die Fertigung semantisch analysiert werden und in welchem Umfang trägt diese Analyse zur qualitäts- oder produktivitätsorientierten Prozessoptimierung bei?“
Die Kernidee des Forschungsvorhabens besteht daher darin, im Sinne der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) eine Brücke zwischen den Erkenntnissen der informationstechnischen Grundlagenforschung (Data-Mining) und der wirtschaftlichen Anwendung bei an der produktionstechnischen Datenauswertung beteiligten KMU am Standort Deutschland zu schlagen. Dabei sollen die Unternehmen tiefgehenden Datenanalysen befähigt werden, die sich der menschlichen Wahrnehmung und damit dem derzeitig hauptsächlich praktizierten Analyseverfahren aufgrund der Komplexität und Mehrdimensionalität produktionstechnischer Daten entziehen. Die Entwicklung einer derartigen, zukunftsfähigen Datenanalysemethodik dient dazu, KMU-typische wirtschaftlich-technologische Problemstellungen bei der Prozessauslegung bzw. -optimierung zu lösen. Das zu erforschende Verfahren adaptiert und kombiniert bestehende Methoden zur Datenanalyse im Anwendungskontext der Zerspanung. Eine anschließende Übertragung erarbeiteter Methoden und Erkenntnisse auf andere Fertigungsverfahren unmittelbar nach Projektende ist jedoch aufgrund der abstrakten Betrachtung der Prozessdaten grundsätzlich möglich.
Förderhinweis
Das IGF-Vorhaben SeDaZ (22277 N) der Forschungsvereinigung Programmiersprachen für Fertigungseinrichtungen (FVP) e.V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Der Förderzeitraum begann im Juni 2022 und endete im November 2024.