FlexPBF - Automatisierte Produktivitätssteigerung für die additive Fertigung mittels LPBF durch eine dynamische & geometrieangepasste Prozessführung
Das Laser Powder Bed Fusion (LPBF) Verfahren hat sich als Technologie zur Herstellung komplexer Bauteile für verschiedenste Anwendungen etabliert. Dennoch bleibt die vergleichsweise geringe Produktivität des Verfahrens eine zentrale Herausforderung, die einer breiteren industriellen Nutzung entgegensteht. Abgesehen von der Anpassung der Anlagentechnik (z.B. paralleler Einsatz mehrerer Laser-Scanner-Einheiten innerhalb der LPBF-Anlagen) ergibt sich bei Verwendung der gängigen Ansätze zur Prozessführung und Datenaufbereitung im LPBF ein fundamentaler Zielkonflikt: Für das gesamte Bauteil wird typischerweise eine einheitliche Bearbeitungsstrategie angewandt, was die Möglichkeiten zur Optimierung erheblich einschränkt (Bild 1).
Die Konsequenz ist ein Kompromiss zwischen Produktivität und Qualität: Während eine Vergrößerung der Produktivität häufig mit Einbußen hinsichtlich der Qualität wie bspw. einer erhöhten Porosität oder einer geringeren Oberflächengüte einhergeht, führt die Gewährleistung einer großen Bauteilqualität zu Produktivitätseinbußen. Beides bedingt durch die bauteil-umfassende Festlegung der Bearbeitungsstrategie und Prozessparameter. Um das Potenzial des LPBF-Verfahrens stärker auszuschöpfen, ist eine neue Herangehensweise erforderlich. Ziel des Vorhabens FlexPBF ist es daher, innovative Bearbeitungsstrategien zu entwickeln, die eine gezielte und lokal differenzierte Anpassung der Prozessparameter bzw. Bearbeitungsstrategien ermöglichen. Dadurch könnten sowohl die Produktivitätsanforderungen als auch die qualitativen Ansprüche gleichzeitig erfüllt werden – ein entscheidender Schritt, um LPBF langfristig wirtschaftlicher und vielseitiger zu gestalten.
Arbeitshypothese und Zielsetzung
Vor diesem Hintergrund zeigt Bild 2 das Zielbild des Vorhabens FlexPBF. Durch die Ermittlung von Geometriecharakteristika mithilfe empirisch erarbeiteter Regeln lässt sich ein Bauteil, das mittels LPBF gefertigt werden soll, virtuell in verschiedene Subbauteile (LPBF-Features) unterschiedlicher Geometrieklassen unterteilen. Die in einer Datenbank hinterlegten LPBF-Prozessparameter, die auf die Maximierung der Aufbaurate in Abhängigkeit von der Geometrieklasse abzielen, werden daraufhin automatisch den einzelnen Subbauteilen zugewiesen. Dies ermöglicht eine Steigerung der Aufbaurate durch eine gezielte Anpassung der Prozessparameter auf lokaler Ebene.
Die erzeugten Baudaten werden über flexible Schnittstellen an die LPBF-Anlage übermittelt. Auf diese Weise kann die Produktivität des LPBF-Verfahrens erheblich gesteigert werden, ohne dass Änderungen an der Anlagentechnik erforderlich sind oder die Komplexität für den Anwender wächst. Dies gelingt allein durch eine intelligente Datenaufbereitung und die neuartige LPBF-Prozessführung, wobei die Bauteilqualität mindestens beibehalten wird. In den durchgeführten Vorversuchen konnte bereits eine Produktivitätssteigerung von 23 % durch die dynamische Anpassung des Spurabstands erzielt werden. Im Rahmen von FlexPBF wird zusätzlich eine dynamische Anpassung der Schichtstärke innerhalb des Bauteils untersucht, um die Produktivität weiter zu erhöhen. Insgesamt wird durch die untersuchten Maßnahmen eine Produktivitätssteigerung von mindestens 50 % bei gleichzeitig gleichbleibender Bauteilqualität angestrebt. Diese Zielvorgabe wird aufgrund der technischen Rahmenbedingungen als realistisch eingeschätzt und wurde nach Rücksprache mit den im PbA involvierten LPBF-Anlagenherstellern als Mindestanforderung für die zukünftige Vermarktung der neuen Prozessführungsstrategien festgelegt.
Förderhinweis
Das IGF-Vorhaben ProZuMa (21042N) der Forschungsvereinigung Programmiersprachen für Fertigungseinrichtungen (FVP) e.V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Der Förderzeitraum begann im März 2020 und endete im August 2022.